The Boy and the Heron
Hayao Miyazaki, Japan, 2023o
Während des Zweiten Weltkriegs erleidet der junge Mahito Maki eine herzzerreissende Familientragödie. Er muss sofort aufs Land ziehen, wo sein Vater für eine Industriellenfamilie arbeitet, die Flugzeuge für das japanische Militär herstellt. Mahito beginnt in aller Einsamkeit die geheimnisvollen Landschaften zu erkunden. Dabei begegnet er einem Graureiher, der sich ihm hartnäckig an die Fersen heftet und stösst auf einen verlassenen Turm, den er, neugierig geworden, betritt. Es eröffnet sich ihm eine wundersame, verblüffende Fantasiewelt.
10 Jahre sind seit Hayao Miyazakis letztem langen Animationsfilm The Wind Rises und seinem damals angekündigten Rückzug aus dem Filmgeschäft vergangen. The Boy and the Heron zehrt wie frühere Werke des japanischen Animationsfilm-Künstlers von beglückenden wie traumatischen Kindheitserinnerungen an die Zeit der 2. Weltkriegs und dürfte Kenner Miyazakis mit vielen Déja-vues beglücken. Ein Junge verliert seine Mutter in den Brandbomben des Krieges. Mit seinem Vater, Besitzer einer Flugzeugfabrik, zieht der traumatisierte Junge wenig später aufs Land, wo ihn eine schwangere Stiefmutter, ein Turm voller unterirdischer Geheimnisse und ein Graureiher erwarten, der den Jungen als launischer Führer in eine Welt des Todes begleitet. Vieles kommt einem vertraut vor: Die Reise eines jugendlichen Helden in verzauberte Parallelwelten, in denen sich das Raumzeit-Gefüge verwirrend dreht, eine animierte und bedrohte Natur, in der sich Tiere und Lebewesen fortlaufend verwandeln, skurrile Fantasie-Geschöpfe, die sich oft gleichzeitig als komisch, gefährlich oder hilfsbereit erweisen. The Boy and the Heron geht noch weiter: Die fantastischen Einfälle sind noch überbordender, die Raumfluchten und Zeitkorridore noch schwindelerregender. Vielleicht sollte man gar nicht erst versuchen, alles auf Anhieb zu verstehen und sich dem fantastischen Spektakel einfach hingeben. Es lohnt sich.
Kathrin Halter